KATHARINA SCHNITZLER
KAT´S
1000 AFRIKANER
alien are always the others
Afrikaner auf AfD Tapete
© Fürcho GmbH
© Fürcho GmbH
1 Afrikaner 975/1000 25cmx35cm
1 Afrikaner 967/1000 65cmx30cm
1 Afrikaner 965/1000 30cmx20cm
1 Afrikaner 990/1000 50cmx40cm
1 Afrikaner 1/1000 45cmx25cm
1 Afrikaner 963/1000 45cmx20cm
1 Afrikaner 966/1000 65cmx40cm
1 Afrikaner 960/1000 60cmx30cm
1 Afrikaner 978/1000 20cmx35cm
Das Projekt 1000 Afrikaner - eine Ausstellung mit Stationen in verschiedenen Städten
1 Afrikaner - aus der Serie 1000 Afrikaner
Bilder von enternden Menschen vor den Küsten Europas, divergierende Gefühle auslösend. Mitleid, Schrecken, Angst, Distanz. Bilder, die immer näher kommen, anfangen zu rühren im Brei ungelehriger Ressentiments. Hilflosigkeit, Unachtsamkeit. Hingucken. Weggucken. Wegnehmen. Geben. Helfen. Hilfe. Eigenleben.
Jede einzelne Geschichte ein Drama, ein Leben hinfort gespült in der Flut der großen Flüchtlingswelle.
Blumen-Stillleben 1 Afrikaner aus der Serie 1000 Afrikaner
work in process seit 2014
kleine Formate_Öl auf Leinwand
„nature morte“ erinnert an die Vergänglichkeit alles Hiesigen. Eine Ermahnung, die Schönheit der Welt durch ihre Sterblichkeit wahrzunehmen. Die Darstellung toter, bzw. regloser Gegenstände avancierten im 17. Jahrhundert in den Niederlanden zum Prestigeobjekt. Ein Symbol der Reinheit als auch des Todes. Eine Bildsprache auch für Individualität, den Charakter und die Zartheit - beseelt, voll Hoffnung, vergänglich und ungefährlich.
Blumen-Stillleben aus der Serie 1000 Afrikaner inspiriert durch
Tobias Rehbergers „Portraitgefäße“ sowie
Ai Weiwei´s „1000 Chinesen; Dokumenta und
"Ostafrikas gefährliche Blüten" Billigproduktion von Blumen für Europa (unsere Postkoloniale Verbindung)
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Video auf youtube von Joachim Schaefer, Katharina Schnitzler 10000 Afrikaner, bei ARTHERB
https://www.youtube.com/watch?v=0s8L23RKKm4
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Das Vermögen der Malerei. Zur aktuellen Ausstellung „1000 Afrikaner“ von Katharina Schnitzler in der mianki Gallery, Berlin vom 21. Januar bis 12. März 2016. Von Andrea-Katharina Schraepler, Kunsthistorikerin, Berlin
Würde man als Besucher der mianki Gallery nur den Titel „1000 Afrikaner“ der Werkserie von Katharina Schnitzler kennen, wäre man völlig überrascht davon, Blumenbilder statt Porträts von Afrikanern vorzufinden.
Geht das überhaupt? Blumen als Analogie für dieses komplexe und hoch politische Thema der Flüchtlingskrise auszuwählen?
Ja, unbedingt! Denn es gelingt Katharina Schnitzler, den Betrachter über die Auseinandersetzung mit ihrer Malerei zu vielschichtigen bildästhetischen Betrachtungsweisen anzuregen. Übertragen auf die Flüchtlingsdebatte macht sie auf die zwingende Notwenigkeit eines differenzierten Sehens, eines sensiblen Umgangs mit diesem Thema und damit auf die Problematik von einseitiger Wahrnehmung aufmerksam.
Auf formaler Ebene drückt die Künstlerin von Anfang an das Fehlen einer Einheit und da-mit jegliche Form einheitlicher Wahrnehmung durch die Mehrteiligkeit der Leinwände aus. So teilt sie meistens ein Motiv auf zwei oder drei Leinwände auf, selten belässt sie es voll-ständig auf einem Format. Auch variiert sie vereinzelt innerhalb der Serie die Leinwandform von kreisrund bis oval.
Zudem verwehrt die Bildstruktur des Seriellen und vor allem die immense Anzahl von Hunderten ringsum gehängter Leinwände die Möglichkeit der Erfassung des Bildganzen. Stattdessen verliert sich der Blick des Betrachters immer wieder im einzelnen Werk. Verstärkt wird diese Anmutung durch die unterschiedlichen Tiefen der Bildträger, die vereinzelt nahezu Objektcharakter aufweisen. Das Spiel mit diversen Raumtiefen rhythmisiert und dynamisiert die Installation und damit den Blick des Betrachters. Diese visuelle Überforderung ist inhaltlich motiviert und versinnbildlicht die gesellschaftliche Herausforderung auf bildästhetischer Ebene.
Inhaltlich trennt die Malerin oftmals die Blüten von Stielen und Wurzeln. Die Blumen sind mit und ohne Wurzeln abgebildet und dergestalt partiell in Vasen eingestellt. Mit dieser Parzellierung fragt Katharina Schnitzler nach dem Thema der Zusammengehörigkeit von Blüte und Wurzel, aber auch nach unserer Präferenz, da auch das Größenverhältnis von Wurzel und Blüte variiert. Auch exponiert die Künstlerin die Frage nach der Entwurzelung, denn im Unterschied zu unserer Bildkultur, in der die Wurzel selten als Motiv auftaucht, zeigt die Malerin immer wieder Blumen mitsamt ihren Wurzeln. Die Wirkung ist eine viel verletzlichere.
Der Betrachter ist aufgefordert, eine Analogie zwischen den Wurzeln und der Flucht der Afrikaner aus ihrer Heimat herzustellen, aber auch nach der psychischen Voraussetzung künftiger Blüten zu fragen.
Von der buchstäblichen Vielschichtigkeit dieses diffizilen Themas spricht der aquarellartige Farbauftrag, der in mehreren Ebenen übereinander gelegt ist, so dass eine räumliche Tiefe entsteht. Diese besondere Maltechnik, die aus einer Mischung von dünnflüssiger Öl- und Acrylfarbe besteht, schafft eine transluzide Oberfläche. Die Oberfläche ist für Katharina Schnitzler insofern Bedeutungsträger, als dass sie mit der Qualität ihrer Beschaffenheit Berührbar- bzw. Verletzbarkeit ausstellen will. Gemeinsam mit der fluiden Malweise kommt ein transitorischer Aspekt ins Bild, der die Schönheit blühender Blumen an der Schwelle ihres Verblühens zeigt.
Der Gefahr des Gefälligen, das dem Thema Blumen gemeinhin innewohnt, entgeht die Künstlerin nicht zuletzt durch ihren vermeintlich frechen und triefnasigen Duktus, mit dem sie herkömmliche Definitionen des schön Gemalten weit hinter sich lässt. Dieser Eindruck wird durch das ansatzweise dissonante Farbspektrum, das von zarten Pastelltönen über schrille Neonfarben bis zu morbidem Schwarz reicht, unterstrichen.
Bewusst anmaßend ist auch der Gestus der Malerin, jede Leinwand seitlich mit „AFRIKA-NER“ und der entsprechenden Nummerierung bis zur Anzahl 10000 zu versehen. Hier persifliert sie den Wunsch nach Übersicht und die Subsumierung des Individuums unter dem Sammelbegriff „AFRIKANER“.
In ihrer jüngsten Werkserie „No Return“, zum ersten Mal bei mianki ausgestellt, wechselt die Künstlerin innerhalb der Flüchtlingsthematik die Perspektive. Sie zeigt uns die vermeintliche Wirklichkeitsaneignung der Flüchtenden. Hierzu ändert sie ihre künstlerische Ausdrucksweise vollständig. Die Formate werden überlebensgroß und der Stil abstrakt.
Die Malerei geht analog zur unbestimmten Zukunft der Menschen ins buchstäblich Offene.
Der Künstlerin Katharina Schnitzler gelingt es, im gedanklich freien Raum der Kunst eine intelligente und ästhetisch differenzierte Antwort auf die in unserer Gesellschaft zunehmend polarisierten Haltungen zur Flüchtlingsdebatte zu finden. Es ist zu wünschen, dass der Denkraum, den sie eröffnet, möglichst viele Menschen erreicht.
Text von Joana Tischkau zur Eröffnung "1000 Afrikaner" in der Galerie ARTHERB, Wetzlar
Willkommen. Fragezeichen.
Wie ein Publikum begrüssen welches gekommen ist um eine Arbeit zu betrachten welche nach einer Willkommensgeste sucht? Wie anfangen über
Bilder zu sprechen die eine vermeintliche Angst vor Berührung durch ihre Symbolik überwinden möchten? Zuallererst möchte ich mich vorstellen.
Mein Name ist Joana Tischkau, ich verstehe mich selbst auch als Künstlerin die zwischen den Disziplinen Tanz, Theater und Performance arbeitet.
In meiner eigenen Arbeit versuche ich mich unter anderem künstlerisch-kritisch mit Rassismus, Sexismus und dem Blick und Diskurs um und auf
schwarze Körper auseinander zu setzten. Ich möchte Einblicke in meine Lebensrealität als schwarze Frau in Deutschland geben, und das tue ich auch
heute, hier. Ich habe keine Flucht Erfahrung, und auch definiere ich mich nicht über meinen sogenannten Migrationshintergrund. Ich bin keine
Afrikanerin, an manchen Tagen bezeichne ich mich vielleicht als afro-deutsch, aber meistens bin ich schwarz.
Was aber legitimiert mich nun dazu heute hier zu sein und über Katharina Schnitzlers Arbeit ‚1000 Afrikaner’ welche die aktuellen Bilder Geflohener
vor den Küsten Europas als Ausgangspunkt nimmt, zu sprechen? Vor knapp 4 Wochen kam Jaqueline Wood zu dem monatlichen Treffen der
Regionalgruppe der ISD. Mein erster Gedanken war die Freude darüber ein neues Gesicht in der Runde zu sehen. Die ISD als bundesweiter
Verein ist ein Zusammenschluss Schwarzer Menschen in Deutschland der es Sich zum Ziel gemacht hat die Interessen hier lebenderSchwarzer Menschen
zu vertreten, ein Netzwerk dieser zu etablieren, Schwarzes Bewusstsein zu fördern und sich gegen Rassismus einzusetzen und zu engagieren.
Mir dienen die monatlich statt findenden Treffen als geschützter Raum in welchem ich über meine persönlichen Erfahrungen aber auch über gerade
in den Medien aktuelle Diskussionen und Debatten zum Thema Diskriminierung und Rassismus (wie z.B. die aktuelle Berichterstattung
zu Europas Flüchtlingspolitik)sprechen kann. Dieser Raum ist auch gefüllt mit Konversationen welche mich daran erinnern dass es sich bei meinen
Erfahrungen rassistischer Diskriminierung nicht um Ausnahme Situationen und Begegnungen handelt sondern dass Rassismus strukturell und
systematisch unser aller Denken bestimmt, in unserem Gesellschaftlichen Miteinander verortet ist.
Wie auch Katharina Schnitzler in ihrem Werk ‚1000’ Afrikaner keine politisch-korrekte Vollkommenheit für Sich beanspruchen kann und
vielleicht auch nicht möchte, behebe auch ich keinen Anspruch auf eine allgemein Gültige Wahrheit sonderngebe ihnen Eindrücke wieder die mir
als Rezipientin ihrer Kunst gekommen sind. Als Jaqueline uns das erste Mal von diesen Arbeiten erzählte war ich irritiert. Als ich mir dann später
einige Beispiele der Serie 1000 Afrikaner anschaute war ich wütend. Ich war wütend, wütend, angesichts so viel vermeintlicher Naivität,
Verallgemeinerung, Stereotypisierung und einer in meinen Augen inflationär verwendeten Symbolik.
Warum handelte es sich um 1000 Afrikaner? Wo waren die Afrikanerinnen? Handelte es Sich nur um männliche Schwarze Subjekte, in den Augen
einer weißen Frau? Welche Bilder von Afrika werden hier produziert, benutzt, erzeugt? Das Bild des zwar exotischen und farbenfrohen doch zugleich
von Armut und Krieg gebeutelten Kontinents, dem durch diese Darstellungsweise wie allzu oft seine Vielfältigkeit abgeschrieben wird?
Offizielle Statistiken dokumentieren dass nur ein kleiner Teil der derzeit in Deutschland ankommenden Asylsuchenden afrikanischer Herkunft sind.
Die Mehrheit kommt aus den aktuellen Krisengebieten wie Syrien aber auch den europäischen Nachbarländern Kosovo und Albaniens, und ja ein Teil
kommet auch aus Nordwestafrika, Eritrea um genau zu sein. Inwieweit kann also der Titel dieser Arbeit repräsentativ für die medial omnipräsente
Welle Geflohener sein? Sind es nicht genau diese von den Medien verbreiteten Bilder von in Booten sitzenden Schwarzen Menschen die uns dazu
bringen in jedem Menschen dunkler Hautfarbe dem wir begegnen einen Geflohenen, Vertrieben zu sehen? Führt diese verallgemeinernde Darstellung
nicht zu einer weiteren Stigmatisierung aller in Deutschland lebender Schwarzer Menschen? Werden in diesen Bildern Fragen nach einer
in Deutschland nicht vorhandenen Willkommenskultur gestellt? Möchte diese Arbeit diesen Stein ins Rollen bringen?
Eine Begrüssung mit Blumen? Ist diese Idee nicht fern von der Realität wie Sie ferner nicht sein kann? Meiner Erfahrung nach, zum Beispiel
im Erstaufnahmelager in Friedland, werden Asylsuchende, systematisch in ganz und gar nicht einladenden Unterkünften untergebracht, teilweise
in der tiefsten Provinz oder gar in Gegenden mit starker Präsenz rechtsextremer Gruppierungen. Diese Bilder kennen wir auch alle
all zu gut aus den Medien.
Katharina Schnitzler treibt mit ihrer Serie 1000 Afrikaner die Reduzierung und Generalisierung so weit dass Schicksale nur durch ihre Nummerierung
voneinander unterschieden werden, Afrikaner 976, neben Afrikaner 977, 978.... Bringt diese Praxis doch gleichzeitig Erinnerungen an die Diaspora, den
transatlantischen Sklavenhandlung, deutsche Kolonialgeschichte und natürlich auch die Kennzeichnung der Häftlinge in den Konzentrationslagern des
Nationalsozialismus mit sich. Dieser enthumanisierenden Geste welche in Identitätsverlust mündet, ist die verführerische Schönheit der abgebildeten
Blumensträuße entgegengesetzt. Und halt. Einen Moment Luft hohlen.
Ich spüre: ich bin berührt. Ich lasse mich ein. Ich stehe nun hier und habe mich mit Elan und sehr intensiv mit der Malerei von
Katharina Schnitzler auseinandergesetzt. Trotz meiner kritischen Lesart berühren die Bilder mich durch ihren poetischen Charme. Sind Sie nicht ein
wunderbarer Anfang einer Auseinandersetzung mit einem gewaltigen Thema? Ein Spiegel vielleicht unsere eigen verallgemeinernde Sichtweise
zu hinterfragen? Eine engagierte Künstlerin, die über Ihre Kunst mit uns als BetrachterInnen darüber in Kontakt kommen will? Ihre eigene Verzweiflung
Überforderung aber auch vielleicht ihre Naivität offen legt um die Grundlage für ein Gespräch, eine Diskussion zu legen. Ich sehe Mut machendes Potential,
einen Anstoß, den Wunsch und Aufruf uns zu öffnen, zuzugehen, einen neuen Umgang zu finden mit jenen Menschen, die da zu uns kommen?
Die Malereien in ‚1000 Afrikaner’ zeigen aber doch gar keine Geflüchteten und auch keine Schwarzen Menschen sondern Blumen.Blumen; der Erde
entrissen, entwurzelt. Wer oder was ist es welches uns entwurzelt? Was ist das genau dieses Gefühl der Entwurzelung, und wie können wir es überwinden?
Ich werde oft nach meinen Wurzeln gefragt, wo Sie denn lägen, was Sie denn wären und ob ich mir nicht etwas fehlen würde, durch die
Ungewissheit ihrer exakten Definition. Für mich bedeutet dieser ständige Verweis auf meinen vermeintlichen Ursprung, meine Verbundenheit
zu einem angeblichen Ausgangspunkt auch, nie richtig ankommen zu können. Immer an eine vermeintlich Reise, aus dem dort, hin zu dem hier
erinnert zu werden. Wie mag es da den Geflüchteten gehen? In meinen Augen birgt die Arbeit ‚1000 Afrikaner’ also auch die Frage wie wir eine
Atmosphäre der Zugehörigkeit für die in Deutschland nach Asyl suchenden schaffen können ohne dabei ständig auf ihre mutmaßliche Heimatlosigkeit
hin zu weisen. Denn sonst definieren wir ihre Identität einzig und allein durch ihr Schicksal, das Schicksal des Geflüchteten, Menschen verlieren
ihre Gesichter und werden zu Blumen. Ich sehe in der Arbeit aber auch den Aufruf diese Lesart, meine Lesart zu hinterfragen, miteinander in
Gespräch zu kommen. Den Aufruf anders zu schauen, etwas anderes zu sehen, Blumen, Menschen, Afrikaner, Geflohene, mich und Sie,
Blumen als Willkommensgruß, Blumen als Verabschiedung für einen Verstorbenen, einfach nur Blumen. Bilder welche uns zu tiefst berühren,
erschüttern und im gleichen Moment unendlich lähmen. Wie umgehen mit der Überforderung, Verzweiflung, der Angst vor der eigenen
Unwissenheit diese Themen verhandeln zu können, zu dürfen? Wie das Gesehene, das Gesagte wahrnehmen, reflektieren, wie darüber sprechen?
Dies ist ein Versuch.
Willkommen. Ausrufezeichen.